Freitag, 5. November 2010

The mexican Way


Eine Verabredung

"Wir treffen und heute Abend um 10Uhr an der Uni!" Ich, als Kathrin, falle just on time aus der Haustuer raus. Die Wangen rot, weil ich vor lauter Troedelei wieder viel zu spaet mit dem Stylingprogramm begonnen hab. 10:07 Uhr: ich stehe an der Uni. 10 Minuten spaeter sitze ich gelangweilt auf der Bank. 30 Minuten spaeter sind die Stressflecken verblasst und ich bin fast eingenickt. 10:45 Uhr: Ah, der erste trifft ein.

Du, als Durchschnittsdeutscher haettest das Haus schon eine halbe Stunde vorher verlassen. Haettest auf dem Weg noch an einem Geldautomaten angehalten. Vielleicht noch Zigaretten gezogen. Gerade bei der ersten Verabredung bist du meistens viel zu frueh da. Spaetestens puenktlich. Fuenf nach zehn schaust du auf die Uhr. 10:10 Uhr zueckst du dein Handy und drueckst anrufen. Abschminken. So laeuft das hier nicht.

Das gleiche gilt fuer Tages- und Wochenangaben.

Limone und Chilli

No cerveza sin limón. Nicht nur das Corona, sondern jedes Bier. Jedes Taco. Jeder Lollipop. Selbst das Obst. Eigentlich gibts nichts, dass man ohne Chilli und Limone essen muss. Aber Vorsicht vor dem Salzrand am Bierglas, wenn dir gerade nicht nach einem Schluck Meerwasser ist. Und die ganz harten, die bestellen Michelada.


Meine Geschmacksnerven hab nun ich lange genug verarscht. Die glauben jetzt, dass das schmeckt.

Deine Freundin

Wenn du ein echter mexikanischer Kerl bist, hast dus nicht leicht. Das laueft naemlich nicht wie in Deutschland. Wenn du ein Maedchen ganz fuer dich haben willst, dann musst du es mit Rosen und viel Mut fragen, ob jenes es auch sein will. Ganz klar und direkt. Und nicht durch die Blumen. Theoretisch, irgendwie gut. Praktisch..wuerde ich wahrscheinlich unter den Teppich kriechen.

Von vorne nach hinten

Wenn du ein Haus baust, faengst du in der Regel erst mal mit dem Grundriss an. Ausmessen, Loch graben..Zement. Die Mexikaner aber, haengen Bilder auf, bevor die Waende ueberhaupt stehen. Verlegen Pakett, wenn darueber am naechsten Tag die Decke rausgehauen wird. Lassen Bauschutt liegen, und bauen die Kueche darauf. Was man nicht sieht ist nicht da. Und was man sieht, ist auch nicht wichtig.
Wenn dann mal jemand durch den Kuechenboden kracht, nagelt man einfach wieder ein Brett darueber. Zieht ja auch ein bisschen, von unter her.

Massenbewaeltigung

Wenn in Koeln Karneval ist, werden die Schwaechen der Bahn besonders deutlich. Jede zweite Station haengt irgendein betrunkener Cowboy oder Superman die Bahntuer aus. Fuer den Schaffner bedeutet das viel Arbeit. Aufstehen, den Weg zur Tuer bahnen, Klappe auf, Knoepfchen...da!, druecken, schieben, zu, auf, zu und wieder zurueck. In Mexiko Stadt ist quasi jeden Tag Karneval. Aber hier nehmen die Tueren keine Ruecksicht. Wenn man wollte, koennte man auch Baeren damit fangen. *Schnapp*. Zu. Aber eines muss man der Bahn hier lassen: Ohne Fahrplan ist sie immer puenktlich.

Nicht ohne Kuss

Auf dem Weg zur Uni, und du denkst - Oh nee, der...mit dem will ich jetzt nich reden..wieder das Wetter, die Uni, die letzte Party, die Kinder... Du musst weiter! Schnell. Unterricht. Die Wurst im Auto. Eile vortaeuschen funktioniert hier aber nicht. Das glaubt dir keiner. Du bist niemals im Stress. Schliesslich musst auch jeden mit Kuesschen begruessen. Das braucht seine Zeit. Und wenn man schon mal steht, kann man auch noch 2, 5, 10 Minuten laenger stehen. Das finden deine Freunde, die Freunde deiner Freunde und deine Nicht-aberbald-Freunde auch. Du kommst nicht einfach mal schnell weg.

Gesichtsbuch

Wenn man sich einmal gesehen hat, kennt man sich. Innerhalb von einer Woche strickt sich dein soziales Netzwerk ins Unendliche. Ohne Blackberry bist du verloren. Voellig abgeschnitten vom Nabel der Welt. Du weisst nichts. Wer mit wem. Was wo. Warum das. Warum diiie!? Und ueberhaupt. Schon 1972 wusste man, dass der Mensch irgendwann in das tiefe dunkle Loch der voelligen Isolation fallen wird.. .



Aber warum? Wenn man beim Posten und Adden doch nebeneinander sitzen kann.
Nur Vorsicht. Einmal habe ich den falschen Carlos in meiner Freundesliste angeschrieben. Der konnte sich nicht erklaeren, warum ich ihn jetzt frage wie es ihm geht. Schliesslich bedeutet Facebook-Freundschaft ja nicht, dass man sich alles erlauben kann.

Der Survival Test

Nach ein paar Monaten traust du dich. Du stehst am Strassenrand, auf dem Boden eine Kiste rohes Fleisch. Von der heissen Platte spritzt das Fett. Ganz langsam fuehrst du das mit Zwiebeln und Koriander ueberladenen Taco an deinen Mund. Wahrscheinlich hast du deinen Magen vorher mit Tequila bestens desinfiziert. Gerade dann schmecken Tacos hervorragend. Schlimm wirds eh erst am naechsten Morgen.

Der Raubueberfall

Ich habe es hart versucht. Nachts nach hause laufen. Geld im Supermarkt abheben. Taxis an der Strasse nehmen. Aber es gelingt mir nicht. Scheinbar sehe ich nicht vermoegend genug aus. Es will mich keiner ausrauben. Und ich hab auch noch keine Leiche im Busch entdeckt. Oder musste mich vor Kugeln verstecken. Das passiert in Mexiko. Aber das ist nicht Mexiko.

Und ja


Ja, ich studiere. Aber was soll ich von der Uni erzaehlen. Da wird auch nicht jeden Tag einer ueberfallen.

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