Donnerstag, 29. Juli 2010

Variado - Parte dos

Zum Start bekommen wir eine gemischte Tüte in die Hand gedrückt. "Katrin - Fachhochshule" steht aussen auf dem bunten Namensschilchen. Und drinnen befindet sich ein Haufen Prospekte. Und ein Programm für die nächste Woche. Genauso voll gestopft, wie die Tasche selbst.

Heute ist Donnerstag. Es sind kaum 4 Tage vergangen und ich fühle mich von so viel Kultur erschlagen. Unsere Tage starten um 8.30Uhr (nach mexikanischer Zeit natürlich) und enden frühestens um 17Uhr. Mal abgesehen davon, das Warten ein ganz großer Programmpunkt auf unserer Liste ist (meistens wartet man einfach mal, weil man schon lange nicht mehr gewartet hat), werden wir wohlbehütet wie junge Lämmchen quer durch Mexiko getrieben. Bis 10.30Uhr sorgt der Cappuchino alto von Starbucks (für 1,50€!) dafür, dass mich die dünne Luft hier oben nicht zu Boden zieht. Bis zum Mittagessen gelingt es mir ganze Gespräche auf Spanisch zu führen (auch wenn mich keiner versteht). Ein Burrito oder Enchilada gibt Energie verständnisvoll zu nicken und sich mit "si" und "no se" sinnvoll in Gespräche einzubringen. Dann ist es 15Uhr. Und spätestens dann, fange ich an Lippen zu lesen. Also - ich sehe Münder auf und zu gehen. Auf. Auf. "Si". Zu. Auf. "No". Zu. Nochmal bitte.

Ab 16Uhr schalte ich auf Nebelblick. Unsere mexikanischen Freunde wissen auch schon wann ein "IschabRükken" angebracht ist, und sind immer bemüht mich zum sitzen zu bringen.





Heute ist Freitag und ganz langsam passen sich unsere europäischen Körper dem Höhenunterschied an. Die Orientierungswoche liegt hinter uns, wir haben uns weitgehend für die Kurse eingeschrieben und können ganz langsam das Leben um die Uni planen. Dank Natalia sind die Wohnungsbesichtungen recht unkomplizert abgelaufen und wir dürfen am Sonntag unser neues Appartement beziehen. Oder treffender formuliert: Haus. Über drei Stockwerke. 5 Mitbewohner. Einer davon Künstler. Drei Gemeinschaftsräume. Flatscreen-TV in jedem Zimmer. Drei Terassen. Fühstück inclusive. Und Berta stets auf Abruf (http://www.youtube.com/watch?v=On1w9yuAzrg). So lebt man hier als Student. Von aussen ist der Luxus meistens nicht zu erkennen - vorbei an hässlichen Häuserfassaden, und erst wenn man Gitter und Schlösser geöffnet hat findet man schwere antike Möbel, große Zimmer, Kunst und. Geschmack. I like.

Das Wetter.
Muss hier nicht erwähnt werden. In Afrika redet ja auch keiner übers Wetter. Und schliesslich sind wir hier ja nicht zwei Wochen auf Mallorca, sondern versuchen ganz abseits von Souvenirständen sowas wie einen Alltag zu leben (Mit Berta natürlich. Und. Der Lizenz sich daneben zu benehmen, ohne es am nächsten Tag in der Express zu lesen.).

Und ich.
Auf wem Weg.

Dienstag, 27. Juli 2010

Perro de colores - Parte uno

Es ist kein Blick. Es ist kein kurzes Hinschauen. Es ist Starren. Als hätte man seinem Pudel den Kopf pink gefärbt und ihn in ein rosa Tütü gesteckt. Ungefähr so fühlt sich das an, wenn man durch Mexikos Straßen läuft. In der U-Bahn sitzt. Im Supermarkt Toilettenpapier kauft. Wie ein rosa Pudel. Und dieses Starren macht keinen Halt vor Alter, oder Geschlecht. Nein. Durch die Reihe werden ich und mein Reisepartner und blonder Exot Patrick von oben bis unten gemustert, aus und wieder angezogen. Und irgendwie gefunden. Ja, wie finden die uns eigentlich?

Als ich am Montag abend das Unigelände verlasse, ist mein Kopf knallrot. Und das passiert immer dann, wenn er ne Menge arbeiten muss.

Der Tag an der Uni beginnt mit einer Vorstellungsrunde. Oder eher einem -marathon. Geradeaus in wirre Wortsalate und Fragezeichen, die aus Mündern in Gesichter springen und wieder zurück. Die meisten Austauschstudenten kommen aus Frankreich, dicht gefolgt von den Mexikanern selbst, ein paar Koreaner, eine Holländerin und wir zwei Deutschen. Spätestens nachdem wir die Vorstellungsrunde vor der ganzen Gruppe stotternd überstanden hatten, dürfen wir ganz offiziell Sonderstatus geniessen. Los Aléman! Haha. Nackte Finger zeigen auf uns. Für die nochmal auf Englisch.

Samstag, 24. Juli 2010

Geh aufs Ganze

Wenn du 20 Minuten vor deinem Abflug an der Eingangskontrolle des Terminals stehst, der Finger des südländischen Flughafenmitarbeiters schleichend von einer Taste zur nächsten wandert und du dich fragst was eine ESTA Registrierung überhaupt ist, dann musst du dein Herz langsam vom rutschen abhalten.

Aber schliesslich - wie es schon immer ausserhalb Deutschlands war - haben wir Zeit. Gerade 20 Minuten vor Abflug, massig. Und was wir noch haben, ist eine Kreditkarte. Und damit lässt sich bekanntlich die ein oder andere Türe knacken - so auch diese und schliesst damit eine andere erst hinter uns. Die des Flugzeugs.

Kennst du dieses Geräusch, dass ertönt wenn du das Tor mit dem Zonk auswählst? Wenn jede Dummheit am Ende doch glimpflich ausgeht (wie der fehlende Buchungscode oder die falsche Kreditkartennummer), dann wartest du auf diesen Ton *deeööö*. Zonk. Diesmal kein neues Auto, keine Waschmaschine, kein Inklusivurlaub. Oder vielleicht einfach kein Koffer, am Gepäckband. Mein Koffer. Am Gepäckband. Nach 24 Stunden, bleibt nicht mal mehr genug Kraft in Panik zu verfallen. Ich resigniere einfach, sitze, stehe, versuche nicht umzufallen und stelle mich mit 10 Leuten in die Schlange am Informationsschalter. Und warte. Auf irgendwas. Irgendein Koffer. Mir auch recht.

Aber der Zonk soll heute einfach nicht uns gehören. Denn dann kommt Patrick auf mich zu gelaufen. Mit einem Koffer, der sich entschieden hatte auf einem anderen Flugzeug nach Mexiko zu reisen. Sieht aus wie meiner. Meine Sachen drin. Nehm ich.

Am Ausgang wartet Natalia auf uns. Mit Auto und ner Menge Geduld, da unsere Flug erst 1 1/2 Stunden später eintrifft. Wir werden bis vor die Hosteltür gefahren, die sich nach einer viertel Stunde natürlich (!- bei unserer Glückssträhne) doch noch öffnet und uns endlich den Weg ins Bett ermöglicht. "Una cerveza por favor", klappt selbst halb tot noch. Und dann, gute Nacht Mexiko.

In "Sex and the City 2" hat Charlotte diesen einen Moment, in dem sie einfach vergisst, dass sie in Abu Dabhi ist, und unter der Dusche ihren Mund öffnet. Heute morgen beim duschen war ich auch ziemlich entspannt. Wie lange man wohl spucken muss bis alles draussen ist? Gleichzeitig beschäftigte mich die Frage, inwieweit Mensaessen auf verunreinigtes Leitungswasser vorbereiten kann. Nach meinem jetztigen Befinden: Weit genug.

Particks Oma sagt "Wenn einer eine Reise macht, dann kann er was erleben". Nach dem Frühstück wagen wir uns einmal um den Wohnblock. Buttermesser in der linken Hosentasche, ein kleines bisschen Angst in der rechten. Doch weder das eine, noch das andere muss ausgepackt werden. Denn im Hellen und dem alltäglichen Trubel, muss man sich nicht anders verhalten als in Kölns Ghetto auch. Und schliesslich bin ich ja quasi im Hood zuhause. Der einzige entscheidende Unterschied - die Ghettosprache kann ich (Danke dafür :)). Spanisch nicht. Mit Englisch soll man ja bekanntlich in Großstädten ziemlich gut voran kommen. Und da Mexiko ja bisschen was größer ist, sollte das mit dem Englisch ja ähnlich sein. Denkste. Falsch gedacht. Weiterdenken. Und zwar vor Spanischbüchern. Ab jetzt Tag und Nacht.